Ich meide den Begriff Psyche und spreche lieber von der Seele. Immer mehr wird auch von der Wissenschaft anerkannt, wie sehr sie unser Denken, Handeln, Fühlen, und somit unsere Gesundheit beeinflusst. Psychische Belastungen können genetische Schäden verursachen und auch das Immunsystem schwächen. Die Verknüpfung von Körper, Geist und Seele ist wesentlich also viel enger als früher angenommen.

Die beiden Systeme Nervensystem/Psyche und Immunsystem hemmen oder fördern sich ebenfalls wechselseitig durch verschiedene chemische Signalstoffe wie z. B. Serotonin, das Glückshormon. Freude, Lachen zeigen die positive Stimmungslage an, die laborchemisch nun messbar isind. Sie aktiviert das Abwehrsystem. Trauer, Müdigkeit, Enttäuschung, Abgeschlagenheit haben den gegenteiligen Effekt. Es droht die Gefahr der Depression. Im Staatsexamen im Fach Psychiatrie sollte ich eine Definition des Begriffs „Depression“ geben.

Meine Antwort lautete

Unter einer Depression verstehe ich ein abgrundtiefes Traurig sein.

Die Prüfung war für mich damit beendet. Ich hatte offensichtlich die richtige Antwort gegeben. Das habe ich nie vergessen. Daran muss ich auch immer denken, wenn Umwelterkrankte ihre langjährige Leidensgeschichte erzählen. Sie ist geprägt von Phasen mit depressiven Verstimmungen und Einsamkeit.

Warum erwähne ich das? Depressionen, Einsamkeit, das traf früher besonders für ältere und kranke Menschen zu. Seit ca. 20 Jahren sieht das ganz anders aus. Heute leiden zunehmend auch jüngere Menschen darunter. Das sind meist Umweltgeschädigte. Durch ihre Umweltschädigung sind sie früh arbeitslos, ja berufs - oder sogar erwerbsunfähig geworden. Sie haben ihren Arbeitsplatz und damit auch lieb gewonnen Arbeitskollege/innen und Freunde verloren. Schließlich fühlen sie sich überflüssig und von der Welt im Stich gelassen. Die Angehörigen wissen sich keinen Rat mehr, ziehen sich auch zurück. Der Hausarzt resigniert häufig ebenfalls. Er schickt sie von einem Facharzt zum anderen.

Es beginnt eine Arztodyssee ohne Ende, die leider fast immer damit endet, dass man diese Menschen in die Psychoecke steckt und mit Psychopharmaka vollstopft ohne die eigentliche Ursache abgeklärt zu haben. Folge: Es geht noch mehr bergab. Damit bin ich bei denjenigen angekommen, die am dringlichsten Hilfe brauchen, die ich mit meinem Buch insbesondere erreichen möchte. Auch ihnen kann man helfen, habe ich geholfen.

 

Nach Pater Anselm Grün sind in einer solchen Situation folgende Faktoren für ein gesundes Leben wichtig:

Aussöhnen mit der Vergangenheit heißt, allen die einem in der Vergangenheit Unrecht getan haben, zu verzeihen.

Annehmen der eigenen Grenzen bedeutet, sich so zu akzeptieren wie man ist mit all seinen Schwächen und Stärken. Jeder hat starke Seiten, die es zu mobilisieren gilt.

Mit der Einsamkeit umgehen lernen. Damit will er sagen, nutze die Zeit der Ruhe, um in dich hinein zu horchen, stelle alle Sinne auf Empfang. Betrachte deine Krankheit, deine Einsamkeit als eine Herausforderung, als eine Chance, dein Leben zu ändern, wieder im Einklang zu bringen mit der Umwelt und Frieden mit sich selbst zu  schließen. Das dies möglich ist, habe ich selbst erfahren, habe es mit vielen meiner Patienten/innen durchlebt.

 

Ich will hier keine Werbung für A. Grün machen. Gerade in kritischen Situationen lohnt es sich aber, im Lesen solcher Bücher Hilfe zu holen:

Grün, A.: Was soll ich tun? Antworten auf Fragen, die das Leben stellt. Herausgegeben von Anton Lichtenauer, Verlag Herder Freiburg, Basel, Wien 2008

Grün, A.: Gelassen älter werden, Eine Lebenskunst für hier und jetzt Herder Verlag, Freiburg 2011

Grün, A: Trau deiner Kraft, Mutig durch die Krisen Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2011

Grün, A.: 50 Engel für das Jahr, Ein Inspirationsbuch Verlag Herder, Freiburg 1997